Rezension zu "Spiegelglut" in Etcetera / Kafkaesk , März 2024
Farbig feurige Verse: „Fluchtendes Kontinuum“, ein feuerrotes Cover mit dem Bild der Salzburger Künstlerin Christiane Pott-Schlager leuchtet uns auf dem vorliegenden Gedichtband „Spiegelglut“ entgegen und verweist auf den Inhalt: Auf die expressiven, feurigen und mitunter sinnlichen Verse, die Kerstin Fischer in ihrem neuen Gedichtband versammelt.
Unterteilt hat sie ihn in fünf Abschnitte und beginnt mit dem Kapitel: „Ein Ahnen von Mauerseglern“. Schon das Eingangsgedicht Am Fenster markiert den Sprachduktus der Autorin: ein mit Formen, Farben, Sinneseindrücken und (Sprach)bildern genährter Text:
Über dem Tag Sonnenlicht aus Blei.
Die Küche, eine Scherbe mit dicken Lippen (…)
Am salzigen Rand des Weges liegt ein schmutziger Hut.
Etwas Undefinierbares, nicht Greifbares, bleibt in der Schwebe. Unausgesprochen lauert es über den Dächern wie Mauersegler (in der Kapitelüberschrift), und spiegelt sich bereits in den Titel gebenden Überschriften der Gedichte, wie das folgende Beispiel zeigt (S.17):
Schattenkinder. Schwerelos
Die Schleife um mein Haus. Ultramarin.
Ich löse ihre Lizenz und sammle
gefrorene Schmetterlinge von den Stufen.
Die Autorin greift in ihrer Lyrik Daseinsmomente wie Leben und Tod auf. Sie thematisiert Momente zwischenmenschlicher Beziehungen sowie Leerstellen, die das Schweigen hervorbringt. Ihre Sprache bleibt vielschichtig und lässt Mehrfachdeutungen zu.
Kerstin Fischer, geboren 1965, studierte Germanistik und Geschichte an der Universität Bremen. Sie lebt als Schriftstellerin, Lyrikerin, Malerin in ihrem Lyrikatelier. Zahlreiche Veröffentlichungen, u.a.: etcetera. Zwischenzeit, Oktober 2020.
Rezension zu "Spiegelglut" auf Lyristix, 6. Januar 2024
"Kerstin Fischers Texte, obgleich recht kurz gehalten, entfalten Mal für Mal eine ungehörige Dynamik; schwellen an zu rauschenden Sprachströmen, die allerlei Schätze mitführen. Wörter verbinden sich zu Chiffren, zu komplexen Sprachbildern, und plötzlich erklingen Satzsymphonien wie: „In dem schwarz-weißen Haus liegt mein Regen betäubt.“ Oder: „An der Rinde des Lichts sickert schwarzer Trost in den Boden.“ Man fühlt sich berührt von diesen Gedichten, die allesamt eine wunde Stelle, einen nicht näher definierten Schmerz zu umkreisen scheinen - „[m]eine Wörter sind Früchte der angegriffenen Haut in mir" -, die enigmatisch und seelenvoll innere und äußere Erlebniswelten skizzieren und so zusammenbringen, dass das lyrische Ich imstande ist, zwischen den Palmen von Marbella „die graue Haut über [seinem] Leben“ zu glätten. Kurz: „Spiegelglut“ ist ein wirklich schöner, lesenswerter Gedichtband."
Chris Lauer
Rezension zu "Spiegelglut" in zugetextet.com Feuilleton für Poesie-Sprache-Streit-Kultur, 14.März 2023
https://www.zugetextet.com/waldwuerzige-amselschwere/" Gleich beim Aufschlagen der ersten Seite spürt man den Sog, der von Kerstin Fischers Dichtung ausgeht. Sprach- und bildgewaltig verflechten sich Szenerien miteinander, verschmelzen zu neuen Bildern wie Traumsequenzen und kommen dabei mal als romantische Sommernächte voller Sehnsucht, mal als triste Herbsttage daher – und als alles, was dazwischen liegt.
Kunstvoll verwebt Fischer Wörter zu ungewohnten, aber umso treffenderen Verbindungen mit einem starken Fokus auf dem Visuellen und lässt gängige Kollokationen neue, unerwartete Symbiosen eingehen.
Den Gedichten muss die ihnen gebührende Aufmerksamkeit und Lesesorgfalt entgegengebracht werden. Auf keinen Fall sollte man zwischen Tür und Angel mehrere auf einmal verschlingen. Jeder einzelne Vers fordert das Innehalten, das Auseinandersetzen mit dem Gesagten förmlich ein und belohnt bei genauerem Hinsehen mit immer neuen Zwischentönen.
Wiederkehrende Elemente sind u.a. Farben, Zweige, Verflechtungen, Vögel, Reisen in ferne Länder, Räume und Gärten, Krankheit und Tod. Die Dichotomien zwischen dem Innen und dem Außen, zwischen Licht und Schatten, Saat und Ernte, Nacht und Tag, Nähe und Ferne, Alltäglichkeit und Fremde sind oft schon bei ihrer Beschreibung im Begriff der Auflösung. Dann wieder werden auf erfinderische Weise Brücken zwischen vermeintlichen Kontradiktionen geschlagen.
Auch mit dem Schreibprozess an sich setzt Fischer sich auseinander und beschreibt ihn u.a. als Trost spendenden Vorgang des Flechtens bzw. Verknotens: „Meine Augen steigen ein Gebirge herab / und finden Ruhe in den weißen Tälern des Papiers. / Ich binde die Anfänge neuer Lichter / um die Enden meiner Wörter / und beginne“ (Love Letters), als Ertrag: „Ich ernte Schrift aus finsteren Gräbern, / um sie in Lichtsärge zu legen (…)“ (Lichtsärge), als Geburt: „Ich laufe über die Seile zwischen den erdähnlichen Planeten / und warte in der Milchstraße auf die Geburt meiner Wörter“ (Die Nacht seerosenweit) und als Brücke zwischen Leben und Tod: „Ich schreibe Gedichte in den Januarschatten. / Er ist durch die Zimmer gewachsen, in der Nacht, / als die Rehe mir die Lebenslinie aus der Hand lasen“ (Die Wasserlilie). Dabei wird auch der Schmerz, der mit dem Schreiben einhergeht, nicht außen vor gelassen: „Ich zerbreche sanft … über dem Papier“ (Lila).
Fischers Sprache ist innovativ, ausdrucksstark, berührend und dabei gleichermaßen trennscharf wie nebulös. Wortneuschöpfungen wie „oleandersatt“ (Kriegsfeder. Vision I), „Bernsteinblicke“ (Sibiu. Vision I), „Taubenstille“ (Am Ende des Rots), „waldwürzig“, „Lichterbalz“ (Honigrot), „Wolkensüße“ (Mohnmund, gläsern) und „Amselschwere“ (Porträt schöner Aussicht) erinnern an Rainer Maria Rilke.
Einige meiner Lieblingsverse, die ich hier für sich sprechen lassen möchte:
“Ich pflücke Stunden wie Mirabellen und gebe ihnen mein Gelb. / An der Winterweide die Krähen. / Sie picken lange Nächte in den harten Boden.“ (Am Fenster)
„Der Tod kann nicht überall sein. Es muss mehrere von ihm geben.“ (Love Letters)
„Ich sammle die Blüten und trinke Lila. Es tropft auf das Papier, / als hätte ich mich geschnitten. Der Atem der Kiefer geht darüber hinweg. / Ich zerbreche sanft … über dem Papier.“ (Lila)
„In den Nächten krieche ich durch mein Traumverlangen. / Ich erwache in hellen Kissen. Das Blut ist längst gestillt mit Morgenröte.“ (Die Reise)
„Eine Spur Himmel fließt in meine Hand / und versiegt über dem Relief der Stadt.“ (Lyrik Noire)
„Ich fange die Wörter aus den Städten / und trockne sie in Wäldern.“ (Zeit der Winterfische)
Fazit: Wer Lyrik liebt, die mit der Doppeldeutigkeit von Wörtern und deren Klang spielt, die mit ihrer Bildhaftigkeit aus dem Alltag entführt und deren Wortschatz von Ideenreichtum zeugt, ist hier genau richtig! Absolute Leseempfehlung!"
Angela Vogel
Sonntagstipp, 7.Oktober 2007
"Die Autorin schafft es, mit der bloßen Schilderung selbst belangloser Ereignisse die Leser für sich zu gewinnen und Spannung und Verstehen aufzubauen. Und mit welch fragiler Wucht sie sich Prosa mäßig mit diesem schwierigen Thema befasst, ist anerkennenswert.
"Das Gewächshaus" gehört sicher zu den besten Romanen, die einem zu diesem Thema in die Finger geraten können."
Lausitzer Rundschau, 9. Februar 2009
"Sophia erinnert in ihrer Lebenssehnsucht an Reimanns Figur Franziska Linkerhand, auch wenn "Das Gewächshaus", eine romanhafte Erzählung nur 102 Seiten stark ist."
Roman Möhlmann, Chefredakteur und Herausgeber des Literatur-und Kulturmagazins Taliteratur
"Hoffnung und Sehnsucht, innere wie äußere Schönheit, die viel zitierte Sehnsucht nach sich selbst: Das sind die Themen der romanhaften Erzählung "Das Gewächshaus" der poetisch versierten Bremer Autorin Kerstin Fischer.(...) Die Erzählung präsentiert sich als stimmige Mischung ihrer Ebenen: Die Entdeckung der jungen Liebe und Sexualität, die tragische Vergangenheit, das fordernde universitäre Leben, die Krankheit, die zahlreichen literarischen und künstlerischen Zitate und Anspielungen - alles harmoniert einfach außerordentlich miteinander."
Horst Stein, ehemals Chefredakteuer am "Göttinger Tageblatt" und ehemals leitender Redakteur bei der Tageszeitung "Die Welt"
"Die stilistische Brillanz aber mit der Fischer ihren Protagonisten wie beiläufig Kontur und Tiefe gibt, ist wieder einmal eindrucksvoll. Denn schon in ihrem Erstling "Das Gewächshaus" (2.Auflage 2007) hat die Autorin mit analytischem Spürsinn und dichterischer Kraft zu beeindrucken gewusst. (...) Mit Kerstin Fischer ist, ohne Zweifel, ein neuer Stern am literarischen Himmel aufgegangen, der die Tiefen menschlichen Seins ebenso wie die Höhen nicht nur kennt, sondern sie auch zu loten und literarisch äußerst bedeutsam und noch in den feinsten Nuancen faszinierend zu gestalten versteht."
TAZ, 27.06.2009
"Nachdem die Schriftstellerin Kerstin Fischer mit ihrem Buch "Das Gewächshaus" der Empfindungswelt einer Magersüchtigen beeindruckend nachspürte, steht in "Sergejs Schatten " ein Narziss im Mittelpunkt, der über den Zerrspiegel seiner deformierten Außen- und Innenwelten am Beispiel seines Konterparts, der Dulderin Alba, eindringlich dargestellt wird."
HAZ
"Die Novelle thematisiert in behutsamer Weise, wie sich in einem Menschen eine Psychose aufbauen kann. Kerstin Fischer hat versucht, die Schizophrenie auf künstlerische Weise zu entmythologisieren."
Leine-Deister-Zeitung, 29.10.2012
"Eine poetische und dennoch realistische Auseinandersetzung mit einem Krnakheitsverlauf, die voller Magie steckt. Dem können sich Susanne Müller-Forwergk von AWO-Trialog und Anja Kraus von Ameis Buchecke nur anschließen. Die Initiatorinnen sind fasziniert von der Sensibilität der Autorin: "Kerstin Fischer umschreibt die schleichenden Wahrnehmungsveränderungen, die Juri ängstigen, mit so lyrischen Worten, dass es eine Freude war ihr zuzuhören", erklärt Susanne Müller-Forwergk begeistert. "
Bremer Literaturkontor
"Da in der Erzählung selbst die Grenzen zwischen Wahn, Wirklichkeit und Traum nicht durchgängig erkennbar sind, weiß der Leser oft nicht, woran er mit Juri ist - was ist wahr, was Besessenheit, was Phantasie?"